Henrico Leone

Agostino Steffanis „Henrico Leone“ ist aufgrund des Zusammentreffens ganz unterschiedlicher Faktoren ein Werk, das aus der Operngeschichte des ausgehenden 17. Jahrhunderts herausragt: Mit der Uraufführung wurde 1689 das neu gebaute Opernhaus in Hannover eingeweiht. Gleichzeitig nutzte der hannoversche Herzog Ernst August dieses Dramma per musica zur Verdeutlichung seines Machtanspruchs und zur politischen Propaganda. Das Libretto von Bartolomeo Ortensio Mauro fußt auf einem historischen Stoff, der nicht nur als Allegorie auf das Herrscherhaus verstanden werden wollte, sondern direkt an den berühmtesten Vorfahren aus der Welfendynastie erinnerte. Spektakulär war nicht nur die damals modernste Bühnentechnik, die Ernst August in das neue Opernhaus einbauen ließ und die für die Eröffnungsoper bisher nicht gekannte Möglichkeiten bot. Ebenso standen mit dem Komponisten Steffani und berühmten Sängern wie Nicola Paris und Vittoria Tarquini erstklassige Künstler zur Verfügung.

Auch die Komposition selbst bot für die damalige Zeit Erstaunliches. So kommen bereits in der einleitenden Sinfonia die Donnermaschine zur Darstellung des Seesturms und der Chor der Seeleute mit seinen Hilferufen zum Einsatz. Noch bevor die Sinfonia einschließlich des Chors der Seeleute endet, verlangt Steffani mit seinem Partiturzusatz „S’alza la Tenda.“, dass sich der Vorhang noch während der Sinfonia hebt, den Blick der Zuschauer auf die Inszenierung des Schiffbruchs freigibt und damit das Bühnengeschehen schon in der Sinfonia einsetzt. Außerdem wusste sich der Komponist virtuos zwischen dem italienischen und französischen Stil zu bewegen, und es mangelt innerhalb dieser in vielen Teilen italienischen Oper nicht an ‚französischen Elementen‘. So orientierte sich Steffani etwa für Henricos Aria/Menuet „Gratie à voi placide menti“ (Nr. 23) zum Abschluss des ersten Akts am Modell der Divertissements der Tragédie lyrique.

Die vorliegende Ausgabe von „Henrico Leone“ macht einen Markstein der frühen Operngeschichte zugänglich. Die Musikedition bietet im Hauptteil die ‚Fassung letzter Hand‘ und im Anhang die früheste Entstehungsschicht. Die Textedition nimmt sich nicht nur dem Text des Bühnenwerks selbst, sondern auch der Paratexte (einschließlich ihrer französischen und deutschen Übersetzungen) an.

Der fünfte Band der OPERA-Reihe besteht aus dem Leinenband sowie der Edirom auf einer USB-Karte im Scheckkartenformat. Weiterführende Informationen zum Werk und zur OPERA-Reihe finden Sie unter: www.opera-edition.com.